Bögeholz' Werke - Schlaraffia Cell-Erika

Direkt zum Seiteninhalt

Bögeholz' Werke

Otto Bögeholz



Auszüge aus "Alles ist Gefühl" von Otto Bögeholz

Schlachtefest
Bumm - so saust der große Hammer
vor den Kopf der alten Sau
und im quiekenden Gejammer
trifft der Schlachter ganz genau
mit dem Dolch des Blutes Ader,
das in eine Schüssel rinnt,
woraus mittels Carbonader
Teile man die rote Wurst gewinnt.
Hängt das Schwein tot auf der Leiter,
dampfend im Novembertag,
schenkt der Hauswirt froh und heiter
Branntwein auf den Todesschlag.
Jedes Fest beginnt mit Labung,
Attribut der Fröhlichkeit.
mit westfälischer Begabung
fließt die klare Flüssigkeit.


Der große Brand

Als ich einst im tiefen Winter
bei Eis und Schnee nach Hause ging,
da sah ich, wie beim Bauern Schlichte
die große Scheune Feuer fing,

Hell prasselten die blauen Flammen,
der rote Hahn stand auf dem Dach.
Die Menschen liefen schnell zusammen,
ich aber dachte gründlich nach.

Wie könnte man den Brand wohl löschen?
Auf Bach und Teich lag Eis und Schnee;
die Bauern waren meist am Dreschen,
kein Spritzenhaus war in der Näh.

Da hatte rasch ich den Gedanken,
durch den es noch zur Rettung kam,
weil ich mit ein paar langen Schläuchen
Verbindung zur Destille nahm.

Dort lagen neunzigtausend Liter
von Schlichtes bestem Heimatsaft;
und in dem hellen Brandgewitter
hab' ich es wirklich nicht geschafft,

Steinhagens großen Brand zu löschen.
Wenn auch - das ist uns allen klar,
das Mittel bei der Katstrophe
nicht unbedingt alltäglich war.

So ging vor über hundert Jahren
schon fest in die Geschichte ein:
Um einen großen Brand zu löschen,
muss es nicht immer Wasser sein.


Auf Wache
Wie langsam mir die Stunden schleichen
auf Wache vor des Herzogs Schloss.
Ich kann sie traurig nicht vergleichen
mit frohen, die ich einst genoss.

Wo bist Du, Marmor römischer Gefilde,
wo bist Du, sonnenwarmes Licht?
Hier fehlt der Luft die sanfte Milde,
die sich am Abend purpurn bricht.

Vergebens suche ich die Schänke,
das weiße Brot, den roten Wein,
von dem so gerne ich jetzt tränke
unendlich, bis zum Seligsein.

Auch fehlt im Träumen und im Wachen
der schwarzen Augen leiser Ruf;
und das verheißungsvolle Lachen
der Frauen, die der Süden schuf.

Und selbst der Mond, der hier wie dort
am Himmel seine Bahnen zieht;
er sieht so aus, als wollt' er fort,
wenn er dies graue Elend sieht.

Mir friert das Herz in heißer Brust,
mir frier'n jedoch auch Fuß und Bein.
Warum habe ich dort fort gemusst,
um jetzt im Grauen hier zu sein?


Wilhelm Busch
Mein lieber Otto! Wieder mal
bekommst du Post aus Wiedensahl
von Wilhelm, der als Humorist
Dir ein guter Freund geworden ist.

Ich ließ den Faberstift flanieren,
um heit're Weisheit zu skizzieren,
die dann, in knappen Reim gerafft,
die Bosheit und die Dummheit straft.

Mein "Hausschatz" fand jetzt den Verleger!
Trink mit mir 'nen Schinkenhäger,
den Du mir pfiffig zugesandt,
nachdem der Schlichte ihn gebrannt.

Prost, Otto! Fühl bei der Lektüre,
dass Dich mein Händedruck berühre
mit Dank, dass Du so wortgewaltig
und journalistisch vielgestaltig

- was ich besonders gern vermerke -
mich inspiriert zu diesem Werke.
In Wiedensahl und Tatenhausen
soll es durch alle Lüfte brausen:

In Freundschaft ein besond'rer Tusch
für Bögeholz! Dein Wilhelm Busch


Im Kämmerlein
Frieda - Nacht ist und die Sterne
leuchten in mein Kämmerlein.
Oh, ich flüster' in die Ferne:
Könntest Du jetzt bei mir sein!

Du, mit Deinen vollen Brüsten,
Du, mit Deinem schönen Leib
wanderst heiß in meinen Lüsten,
wärest Du doch erst mein Weib.

Lieblich würde ich Dich drücken;
heftig, wie Du es nicht kennst,
heiß erfüllt Dich hoch beglücken.
Hörst Du mich - Du Bettgespenst?

Manchmal fühl ich Deine Nähe,
manchmal küss ich Dir die Hand!
Oh, Du leibliche Trophäe,
tröste mich als Dilettant.

Ha, es zittern mir die Beine,
ja, der ganze Otto bebt.
Frieda, wann erzittern Deine
Glieder, die mein Herz erstrebt?

Otto ist nun wieder müde;
Otto schläft auch heut' allein.
Frieda, bleibe nicht so prüde,
einmal muss es eben sein ...


Die Treulose

Wie könnt ich Dein vergessen,
geliebte Rieke, Du!
Mein Herz, das Du besessen,
hat weder Rast noch Ruh'.

Denn Du hast mich betrogen,
gar über mich gelacht;
Du hast mich auch belogen,
mein Herze krank gemacht.

Du hast mich hintergangen
und das auch noch mit Paul.
Er hat Dich eingefangen
mit seinem großen Maul.

Wo alte Eichen stehen,
dort, wo es dunkel ist,
da hat man euch gesehen,
da hat er Dich geküsst.

Du schworst beim Mondenscheine,
beim silbern Mondesglanz,
dass immer Du die meine,
dass Du gehörst mir ganz.

Liebst Du nun diesen andern,
brach Paul mir meinen Stolz?
Muss ich nun einsam wandern?
Dein Otto Bögeholz.

Erste Begegnung
An jenem Sommertag
- nie werd' ich ihn vergessen -,
als ich auf jenem Baumstumpf
still gesessen;
vor mir des Dorfes Weiher,
hell im Sonnenscheine:
Da wuchsen aus der Wiese Grün
zwei überschlanke Beine!

Gar neckisch spreizten sich
die süßen Zappelzehen;
ich war entzückt:
Was gab es da wohl noch zu sehen?
Ein Eichelhäher plärrte
lauthals aus den dichten Erlen;
der Vogelbeere Trauben
leuchteten wie rote Perlen.
Ein tiefer Atemzug,
schon stand ich auf den Füßen
und schritt behutsam hin,
den Anblick zu genießen.

Nach kurzen Schritten
schreckt mich ein scharfes Bellen;
ein Dackel wollte mir
den Weiterweg verstellen,
doch eine Mädchenstimme
rief des Hundes Namen,
eh' Tier und Hos'
in engere Berührung kamen.

Verhaltenen Fußes
lockte ich mit sanftem Worte,
denn Dackel sind zumeist
von angriffslust'ger Sorte.

Da huscht es hoch
mit einem silberhellen Lachen,
im Arme fest gestrafft
die ganzen Siebensachen.

Des Mädchesn Blick streift mich
mit unverholnem Schrecken,
wird aber gleich vertraut,
sie scheint was zu entdecken:
"Herr Otto, Sie sind es?
Dann brauch ich Angst nicht haben!"

Mit federleichtem Schwung
nimmt sie den Wassergraben.
Des Nölkenhöhners Kind!
Sie ist's, die Friederike!
Ein wohlgeformtes Bild
voll Anmut ich erblicke:
Der dunklen Augen Glut
im schwarzen Lockenkopfe,
der, lang ist's her,
umrahmt von einem dichten Zopfe.

Kein Mädchen vor mir stand
mit dem fast Nichts an Leibe;
das leichte Blüschen
zeigt die Formen von dem Weibe.
Mit unbewußtem Charme
schlug sie die Augen nieder;
ich konnt' nicht satt mich sehn,
mir zitterten die Glieder.

Sie streckt die Hand mir hin,
sie ruft des Dackels Namen.
Mir pocht das Herze wild
und Wünsche zu mir kamen.
Ich ließ die Hand nicht los,
sie gab den Druck zurücke.
Sie nannt' "Otto" mich,
ich sagte: "Friederike!"

Versunken standen wir,
kein Wort durchbrach die Stille.
War es doch Absicht nicht,
so war's des Schicksals Wille.

Der Weg ins Dorf hinein
erschien uns wie ein Träumen;
es war, als dürften wir
die Zeit nicht mehr versäumen.
Ich bin nun immer Dein!
Bist Du auch immer mein?
Wir fühlen beide tief:
Das muss die Liebe sein.


Friederike

Seit ich Friederike sah
leb' ich wie im Traum;
bin ihr in Gedanken nah
über Zeit und Raum.

Sehnsucht zieht mir durchs Gebein,
heiß wallt mir das Blut.
Ja, dass muss die Liebe sein!
Rieke, sei mir gut!

Deine Augen strahlen blau,
nachtschwarz ist Dein Haar;
wenn ich in Dein Antlitz schau',
ist das wunderbar.

Streift mein Blick vom edlen Hals
hin zum schlanken Fuß,
ahne ich doch jedenfalls,
was verhüllt sein muss.

Friederike, rank und schön,
hast kein Herz von Stein.
Möchte nicht mehr draußen stehn,
lass mich bei Dir sein.


Mit allen Sinnen
Bist der Augen Freudenborn,
Blaue Blume, Rittersporn!
Doch ist noch viel schöner:
Frieda Nölkenhöhner.

Angenehm ist Veilchenduft,
süßlich ist Lavendelluft.
Aber mehr als Flieda(er)
duftet meine Frieda.

Freilich tönt der Nachtigall
schönstes Lied mit vollem Schall.
Mir Dein schönstes gib'ste,
Friederike, Liebste.

Würzig schmeckt der Enzian;
Wehrmut mag nicht jedermann.
Schmeckt auch gut Wacholder:
Rieke schmeckt noch holder.

Purpursamt ist mir vertraut;
zart fühlt sich die Pfirsichhaut.
Doch fühlt sich noch viel schöner:
Frieda Nölkenhöhner.

Ob ich höre oder seh',
fühl ich immer Deine Näh'.
Kannst mir sehr gefallen
mit den Sinnen allen.


Der Friedhof

Unter alten deutschen Eichen,
die Jahrhunderte hier stehn,
liegen ungezählte Leichen.
Keiner kann sie jetzt mehr sehn.

Wasserbrunnen - Ehrensteine
Frühlingsblumen - Wintersnot
keine Seele lebt mehr - keine,
alles schweigt hier, alles tot.

Habt ihr Ruhe in den Schreinen,
stört Euch nicht der Lärm der Welt?
Auf verblichene Gebeine
wird ein neuer Tag gestellt.

Drüben in der Totenhalle
liegt mein Lehrer Schinkelbach.
Wusste er in diesem Falle,
dass so früh sein Auge brach?

Stille unter allen Bäumen,
Stille unter jedem Strauch.
Stille auch in meinen Träumen:
Wartet, bald kommt Otto auch!



Auszüge aus "Gefühl ist Alles" von Otto Bögeholz

Selbstporträt
Bin mit Herz und Hand Westfale,
innerlich 'ne Frohnatur.
Leberfleck und Muttermale
deuten äußerlich auf stur.

Standhaft wie 'ne Donareiche
gibt es für mich auch kein Tabu.
Nur über meine eigene Leiche
lasse ich ein Unrecht zu.

Ich liebe einen guten Tropfen,
auf den ich gar nicht gern verzichte.
Mag auch Malz und Hopfen
und die Kleinen, die von Schlichte.

Ich dichte in geschliffnen Versen,
mag Frauen blond besonders gern,
bleib' im Leben den diversen
Hochgenüssen niemals fern.


Die Forelle
Am Dorfbach klar und helle
stand ich mit frohem Sinn,
wollt' angeln die Forelle
und reckte hoch mein Kinn.

Ich warf die Angelrute
weit in das kühle Nass.
Es wallte warm mein Blute.
Das Fischlein wurde blass.

Es biss in meinen Haken
und hing an meiner Schnur.
Die andern Fisch' erschraken
und flüchteten retour.

Ich zog nun die Forelle
heraus aus unserem Bach.
Sie zuckte wild und schnelle
und seufzte leise: "Ach!"

"Hab' Mitleid wilder Fischer,
und denk' an meine Brut,
die ich im Bauche trage.
Das tut der gar nicht gut.

Ich werd' Forellenmutter
von hundert Fischlein klein.
Wenn du mich isst in Butter,
dann gingen alle ein."

Mir grauste vor dem Morden
an vielen Fischlein zart.
Da bin ich still geworden,
wie das so meine Art.

Ich habe die Forelle
gesetzt in unser'n Bach.
Ich wollte an dieser Stelle
nicht töten hundertfach.


Im Harz
Auf Goethes Spuren wandert' ich dahin.
Nichts zu tun lag mir im Sinn.
Dass mir dies' gelungen,
sei jetzt hier besungen:

Den lieben Tag lag ich im Gras,
die Füße in eines Bächleins Nass.
Die Sonne küsste mir den Bauch,
und danach den Rücken auch.

Dann küsste sanft die Muse mich
auf die Stirne gar, recht minniglich.
Heft'ge Sehnsucht mich verband
mit meinem schönen Heimatland.

Nur diesem bin ich eng verschworen,
weil in diesem Lande ich geboren.
Dort, wo blüht das Glück allein,
dort will ich begraben sein.

Der Frühling kommt
Winter schere dich nach Haus!
Deine Herrschaft ist jetzt aus.
Deutlich habe ich das Gespür:
Der Frühling steht nun vor der Tür

Meisen bauen im Geäst
schon ihr erstes kleines Nest.
Wie sie piepsen, wie sie nuscheln,
sie sich aneinander kuscheln!

Alles regt, bewegt sich. Zwar
hörte ich schon längst den Star,
habe auch bereits vernommen,
selbst der Storch sei angekommen.

So manche bunte Primel
leuchtet unter blauem Himmel.
Tulpen kommen und Hyazinthen,
Waldmeister grünt und auch die Minzen

Leberblümchen und versteckt
sich so mancher Krokus reckt.
Überall, man sieht es ja:
Ach, der Frühling ist schon da.

Nur Du
Es haut der Metzger eine Kuh,
man haut den Lukas ab und zu.
Manch' Flegel haut "ok sine Fru",
in meinem Herzen haust nur du!

Manche Maid sinkt hin und wieder
ins grüne Gras beim Rendezvous.
Es sinkt die Sonne abends nieder,
in meinem Herzen singst nur du!

Der Gassenbub spuckt ins Gelände,
es spuckt das Lama ohne Ruh'.
So mancher spuckt sich in die Hände,
in meinem Herzen spukst nur du!

Es brennt und rußt bei Katastrophen.
In Russland rußt es immerzu.
In meinem Zimmer rußt der Ofen,
in meinem Herzen ruhst nur du!


Meine Reiselust
Begeistert bin ich, wie bekannt,
von Reisen in ein fernes Land.
Ich war schon in Amerika,
länger auch in Kanada.

Ein Traum wär' noch das Kongo-Becken.
Aber auch an anderen Ecken
wäre ich so gern gewesen,
hab' viel von Afrika gelesen.

Ich träume wach und lieg' im Boot
und kau' genüsslich Friedas Brot,
als ich erblick am Horizont
eine schneeweiße Spitze, die besonnt.

Das ist die Insel aus meinem Traume,
es ist Teneriffa, meine Alraune!
Dies Eiland gibt mir neuen Schwung -
trotz fünfzig werd' ich wieder jung!

Im Hafen dreh' ich viele Runden,
ein Boot hab' ich bereits gefunden.
Der Bootsmann aber meint verwundert:
"Teneriffa? Erst im kommenden Jahrhundert!"


Mein Testament
Oh, Freund, wenn du jetzt dieses liest,
dein Bögeholz schon posthum ist.
So vieles, das ich einst geschrieben
ist unveröffentlicht geblieben.

Die Manuskripte sind im Pult.
Nun übt Euch nur noch in Geduld.
Auf einiges solltet ihr verzichten,
am besten lieber gleich vernichten.

Der Abend senkt sich still hernieder,
es schweigt des Menschen laute Lust.
Das letzte Echo meiner Lieder
braust wetterleuchtend durch die Brust.

Der Dichter rüstet sich zum Scheiden,
lenkt himmelwärts den sanften Blick,
gedenkt der Wiesen, Wälder, Weiden,
denn Otto kommt nicht mehr zurück.

Das Schicksal ließ im Sturmesbrausen
des Lebens Güter mir zum Pfand.
Der Alte nun von Tatenhausen
streift ab den eitlen ird'schen Tand.

So manches hab' in meinem Leben
ich Freunden, Gönnern auch gegeben,
was Verse schmiedend ich gebrütet,
und geraume Zeit bei mir behütet,

hab' ich, von Großmut treu gelenkt,
wohl meinen Freunden auch verschenkt.
Der Nachwelt möge es gelingen,
sie erneut einander nah' zu bringen.

Prophetisch können meine Augen
in ferne Zeiten blicken fort.
Wenn Dichterstrophen wirklich taugen,
lebt ewig weiter Werk und Wort.

So wünsche ich Euch sehr viel Stärke,
zu sammeln meine großen Werke,
auf dass ihr sie, wie reines Gold,
der Jugend weitergeben sollt.

Ich kann in künft'gen Lebenskreisen
Ritterfreunde vor mir sehn,
die 's der Vergessenheit entreißen:
Mein Werk wird niemals untergehen.

Letzte Änderung: 10.11.2024
Zurück zum Seiteninhalt